Am 8. April 2024 waren wir vormittags zunächst am Gymnasium Odenkirchen zu Gast. Oberstufenschüler*innen der Spanischkurse wie auch einige Unterstufenschüler*innen tauchten für etwa zwei Stunden ein in eine Welt, die ihnen bis dahin völlig unbekannt gewesen war, die sie aber nach kurzer Zeit sichtlich in ihren Bann zog mit ihrem kulturellen und natürlichen Reichtum auf der einen und unvorstellbaren täglichen Herausforderungen auf der anderen Seite:
Zum einen 22 Maya-Völker mit ihren jeweiligen eigenen Sprachen, farbenfrohen Trachten und lebendigen Traditionen, bewegender Musik und Tänzen; herrliche Landschaften und großer Artenreichtum an Pflanzen und Tieren.
Zum anderen Maya-Kinder und Jugendliche - vor allem Mädchen - die trotz Schulpflicht die Schule nicht besuchen können, weil das Geld fehlt, die Schule unerreichbar weit weg ist oder nach der Meinung des Vaters Mädchen keine Bildung benötigen, weil sie ja sowieso heiraten und Kinder bekommen sollen. Schüler*innen, die oft ohne ein Frühstück im Magen ein bis zwei Stunden zu Fuß laufen, um die Schule zu erreichen, weil ihnen bewusst ist, dass sie nur über eine gute Bildung aus dem Teufelskreis der Armut entkommen und ihre Träume verwirklichen können. Für manche Schüler und Schülerinnen des Gymnasiums, die zugegebener Maßen Schule mituner eher als Last denn als Chance und Privileg empfinden, eröffnete sich eine ganz neue Sicht auf das Lernen.
Als Pädagogikstudent und angehender Lehrer war Juan (links im Bild) im Kontakt mit den Schüler*innen ganz in seinem Element.
Abends im Anschluss an unsere jährliche Mitgliederversammlung im Eine-Welt-Informationszentrum zeigte zunächst Christian Stich eine beeindruckende Bildpräsentation. Dabei ging er auch auf die aktuelle politische Aufbruchsstimmung ein, die allerdings durch den Widerstand der alten, korrupten Politiker-Seilschaften getrübt wird. Bei der öffentlichen Unterstützung des im vergangenen Herbst gewählten neuen Präsidenten spielten die Maya-Führer eine wesentliche Rolle.
Als besonders beeindruckend empfanden die Zuhörer und Zuhörerinnen einige Besipiele für herausragende Erfolge von ehemaligen "Samenkörnern": So berichtete er von Oscar Bá, der 2019 bei uns zu Gast war und nun Schulleiter an einem innnovativen Maya-Internat ist; von Alicia Simon, die - als einzige Maya-Frau im Außenministerium - dort als Sprecherin arbeitet und am Weltfrauentag eine hohe Auszeichnung des Landes als herausragende Frauenpersönlichkeit erhielt.
Anschließend gaben Juan, Medizinstudent Fernando, Celia, Studentin der Sozialarbeit, sowie Haydé als Studentin der Umwelttechnik auf bewegende Weise Zeugnis von ihren eigenen Familiengeschichten, persönlichen Herausforderungen und Träumen. Alle betonten, wie wichtig ihnen die persönliche Begleitung und Stärkung durch das "Projekt Samenkorn" ist. Denn wie die überwiegende Mehrheit der Mayas haben alle vielfältige Formen von Diskriminierung und Ausgrenzung, von körperlicher, seelischer und sexualisierter Gewalt erlebt. Sich in einem geschützten Rahmen hierüber austauschen zu können und Möglichkeiten kennenzulernen, damit umzugehen, sei für sie unendlich viel wert. "Es ist immer wunderbar mitzuerleben, wie aus oft schüchternen, verschreckten jungen Menschen im Laufe der Jahre selbstbewusste Persönlichkeiten werden", steuerte Christian Stich bei.
Mit einem Tanz, der die Kosmovision der Mayas, ihre Sicht auf Welt, Spiritualität und Natur thematisiert, beschlossen die vier "Samenkörner" ihre Präsentation.
Beim Abschied am nächsten Morgen schrieb Christian Stich in unser Gästebuch: "Ich möchte mich von Herzen für eure Gastfreundschaft und eure Solidarität mit allen "Samenkörnern" bedanken. Für unsere Maya-Stipendiaten und das ganze Proyecto I´Jatz in Guatemala ist es wunderbar zu wissen, dass wir Freunde in Mönchengladbach haben. Wir sind vereint mit euch im friedlichen Kampf für eine gerechtere Welt, die niemanden ausschließt und Chancengleichheit für alle bietet."
Ein herzliches Maltiox / Danke für diesen neuerlichen lebendigen Austausch auch von unerer Seite an die Gäste!